(20) Lindemanns Mühle

GPS N52.151198 E8.783262
Station 7 der »Exter-Tour für Kinder« - Näheres hier

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Anfang des 19. Jahrhunderts wurde während der französischen Besetzung die Gewerbefreiheit eingeführt. Eine Folge war, dass durch den damit fortfallenden Mahlzwang jeder eine Mühle betreiben konnte, der wollte.

Diese Windmühle vom »Holländer-Typ« an der Steinegge in der alten Bauerschaft Solterwisch wurde 1850 von Friedrich Wilhelm Lindemann gebaut. Die Baugenehmigung wurde im März erteilt, schon im November konnte der Mahlbetrieb aufgenommen werden. Vorerst wurde mit zwei Mahlgängen für Roggen und Schrot gearbeitet, später kam ein Weizengang dazu.

Bild: Mit der Steinegge im Hintergrund zeigt sich das Objekt als gelungenes Ensemble (von rechts nach links: Die Windmühle bei Westwind, daneben das Mehrzweckgebäude, dann folgt die Remise, das Backhaus ist hinter letzterer verborgen).

Die Kappe mit den segeltuchbespannten Flügel wurde zuerst von Hand mit einer Balkenkonstruktion, dem »Stert« in den Wind gedreht. Um die Mühle herum war ein Wall angelegt worden, von dem aus auch Zugang zu den Flügeln möglich war. Unterbrochen war der Wall durch verschließbare Tore für ein- und ausfahrende Fuhrwerke, die Mahlgut brachten und die Produkte, Schrot und Mehl, abholten. Der südliche Teil des Walls wurde zwischenzeitlich durch eine hölzernen Galerie ersetzt.

Kurz vor dem ersten Weltkrieg wurden die Flügel mit verstellbaren Klappen umgerüstet. Eine Windrose kam hinzu. Ein solches Windrad treibt einen Mechanismus an, der die Kappe ohne menschliches Zutun in die optimale Windrichtung dreht.

Bilder: Links: Lindemanns Windmühle in den 1950er-Jahren. - Rechts: Die Mühle um 1990, links ist ein Stück Fläche des benachbarten Golfplatzes zu sehen, im Vordergrund liegt ein Teich.

Zuerst wurde die Anlage als Hofmühle genutzt, Lindemann erledigte später auch Mahlaufträge anderer Bauern. Sohn Gustav bestand stolz darauf, dass er nur mit Wind mahlen könne, auf Elektromotoren verzichteten die eingefleischten Windmöller Lindemann. Als dieser 1960 starb, wurde auch der Mühlenbetrieb eingestellt. Nach einem kurzen Intermezzo als Schau-Objekt mit Mahlbetrieb lag sie still, als 1994 einer der Flügel abbrach. War der Turm auch massiv und stabil, verfiel das Innenleben durch in das Sandstein-Mauerwerk eindringende Feuchtigkeit immer mehr.

Im Jahr 2004 gründeten engagierte Exteranerinnen und Exteraner den Verein Windmühle e. V. In den Jahren von 2006 bis 2009 wurde das Gebäude rundum saniert, die Anlage im Inneren zum großen Teil erneuert und betriebsfertig gemacht. Die Verkleidung mit Eichen-Schindeln hatte binnen kurzer Zeit weitere Durchfeuchtung verhindert, der Trockenprozess brauchte nur wenige Monate.

Bild: Die in den letzten Jahren vom Verein Windmühle Exter in hohem Maße in Eigenhilfe errichteten Erweiterungen (von links nach rechts) Mehrzweckgebäude für etwa 70 Gäste, Remise, Backhaus. Der Torbogen des Mehrzweckgebäudes stammt vom nahen Haupthaus des Hofs Lindemann, ehemals Solterwisch Nr. 5.

Mit der Windmühle zeigt Exter ein weithin sichtbares Ausflugsziel, das neugierig macht. Die Ergänzung des Geländes mit Backhaus, Remise und Mehrzweckgebäude für bis zu 70 Gäste rechtfertigt gegebenenfalls auch einen Umweg. Ein besonders buntes Bild bei einer Veranstaltung bieten sich am Deutschen Mühlentag, dem Pfingstmontag und beim Erntefest am letzten Sonntag im September. Zu einer Tradition ist mittlerweile der ökomenische Gottesdienst beim Erntefest geworden; die Pfarrer der Evangelischen und der Katholischen Kirchengemeinde in Exter rufen gemeinsam zur Andacht.

Wer sich traut, kann in der Mühle auch in der Zweigstelle des Standesamtes der Stadt Vlotho getraut werden. Von dieser Möglichkeit machte schon manches Paar Gebrauch, und nicht nur Mitglieder des Mühlenvereins.


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