(aus: SD07 – Windmühle Exter)
Text: Wilfried Sieber
Unser Ort liegt in Ostwestfalen, zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald, und ist heute westlicher und kleinster Stadtteil der Weserstadt Vlotho im Wittekindskreis Herford. Das Vlothoer Gebiet gehörte einst zur Herrschaft Vlotho und bis in das 17. Jahrhundert zur Grafschaft Ravensberg. Anschließend kam es in den Besitz Brandenburgs und damit später Preußens. Geografisch gesehen findet man uns in den Nordwestausläufern des Lippischen Hügellandes.
Bild: Der Blick in Südrichtung von der Mühle her zeigt das Industriegebiet im Meisenfeld und davor den Ortskern. Die BAB 2 quer durch Exter verläuft im Vordergrund des Bildes über die Talbrücke. Weit im Hintergrund liegt das lippische Wüsten, Stadtteil von Bad Salzuflen.
Werkzeugfunde lassen darauf schließen, dass die Gegend mindestens seit dem Mesolithikum (4000 v. Chr.) besiedelt ist. Weitere menschliche Spuren in der Region sind im Vlothoer Ortsteil Uffeln zu finden. Diese rechtsseitig der Weser liegenden Hügelgräber sind im Zeitraum von etwa 2000 bis 3000 v. Chr. entstanden. Auf exterschem Gebiet ist von mehreren überlieferten Hügelgräbern aus neuerer Zeit (um 700 v. Chr.) noch eines nachweisbar. Im nahen Grenzbereich zwischen Bad Salzuflen und Vlotho, auf dem Gebiet der Loose gibt es ähnliche Funde. 1992 legten Archäologen des Lippischen Landesmuseums im Nachbarort Wüsten (Stadt Bad Salzuflen) einen germanischen Wohnplatz frei, der in das zweite bis dritte Jahrhundert n. Chr. datiert werden konnte.
Bild: Das letzte der nach Überlieferungen früher zahlreicheren Hügelgräber im Bereich Exter/Wüsten.
Der Name Exter ist erstmals in einem Güterverzeichnis des Klosters Herford aus dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Zum nicht ganz eindeutigen Namensursprung ist anzunehmen, dass er auf den heutigen Exterbach zurückgeht, der in der Dornberger Heide entspringt und in Exter in die nach Bad Salzuflen fließende Salze mündet. Umgangssprachlich wurde in seinem Talverlauf der Kernbereich Exter „Kuhleneckster“ genannt, wie Pastor Lohmeyer von der Evangelischen Kirchengemeinde Exter in seiner Chronik von 1854 vermerkte.
Die Verbindungen zur Abteil Herford waren sehr eng. Mehrere Höfe gehörten zum Grundbesitz des Klosters, so auch der Meierhof Exterde, der zentral im Bereich des heutigen Ortskern lag. Viele Höfe zwischen Exter und Herford waren an die Ritter vom Arnholte verlehnt. Auf diese verweisen Flurbezeichnungen bzw. Namen wie Arnholz und Arnhölter. 1232 wird erstmals ein Johann von Arnholte genannt, das Geschlecht starb Ende des 15. Jahrhunderts aus.
Bild: um 1900 – Eine Rarität ist dieses Bild von Wilhelm Normann, das die Wassermühle des Hardenhofes zeigt.
Zum Kloster gehörten weiterhin die Höfe Limberg und Harde. Nach Auflösung der kirchlichen Besitzungen im Jahre 1803 waren die hoch verschuldeten neuen Besitzer zum Verkauf gezwungen. 1816 erwarb Ökonom Brune aus Borgholzhausen die Höfe und teilte den Besitz auf, es entstanden acht (Limberg) bzw. achtzehn (Harde) neue Bauernstellen.
Im Amt Vlotho waren die Vogteien Wehrendorf (136 Stätten) und Vlotho (225 Stätten) zusammengefasst.
Letztere bestand aus dem Flecken Vlotho (47 Stätten) und den Kirchspielen Exter (91 Stätten in den Bauerschaften Exter, Schwarzenmoor und Solterwisch) und Rehme (87 Stätten in den Bauerschaften Babbenhausen, Bessingen, Nieder- und Oberbecksen, Reelsen sowie Rehme als Kirchenstandort).
Bild: 1904 – Hagenmühle in Exter an der heutigen Glimkestraße. Der Name entstand durch Verschleifung des ursprünglichen Namens „Hardenmühle“ nach dem alten Hardehof. Der Mühlenbetrieb wurde 1959/60 eingestellt. Das im Bild gezeigte Gebäude dient heute Wohnzwecken. Der Name „Hagenmühle“ hat sich als Haltestellen- Bezeichnung erhalten. Bis in die 1960er-Jahre gab es gegenüber den Bahnhof mit Gaststätte namens „Hagenmühle“, heute halten hier die Busse der VMR-Linie Vlotho – Bad Salzuflen. Die Mühle bezog ihr Wasser aus einer künstlichen Nebenabzweigung der Salze (unterschlächtiger Betrieb) und aus einem Stauteich an einem Hang aus Blickrichtung des Bildes (oberschlächtiger Betrieb). Eine sehr ungewöhnliche Konstellation.
Exter wurde in früheren Zeiten aufgrund seiner Lage im Lipper Bergland gerne als „Bergdorf““ bezeichnet. Haupterwerb war die Landwirtschaft. Landwirtschaftliche Betriebe finden sich heute immer noch in Form von Nebenerwerbs- und einigen Vollerwerbsbetrieben. In Solterwisch entspringt die quer durch Exter fließende Salze, die bis in die 1960er- Jahre von mehreren Wassermühlen genutzt wurde.
In der umfassenden Neuordnung unter napoleonischer Herrschaft war Schwarzenmoor dem Kanton Herford zugeschlagen worden, aus ihm entstand nach weiteren Gebietsveränderungen der heutige Kreis Herford. Um 1865 gingen die Bauerschaften Exter und Solterwisch in der Gemeinde Exter auf, die seit dem 1. September 1969 Ortsteil der Stadt Vlotho ist.
Bilder: Von der 1666 errichteten ev.-luth. Kirche Exter (oben- 2006) am Alten Schulweg ist nur noch der ursprüngliche Turm erhalten. Auf ihrem Friedhof finden auch die Gemeindeglieder der katholischen Kirche St. Hedwig (unten- 2006 – geweiht 1978) ihre letzte Ruhestätte.
1951 wurde das marode Kirchenschiff der alten Kirche durch einen Neubau ersetzt, in dem seither die Gottesdienste für die evangelischen Gläubigen abgehalten wurden. Nach dem II. Weltkrieg fanden viele katholische Flüchtlinge und Vertriebene im Ort eine neue Heimat. Eine für sie gebaute Behelfskirche wurde 1978 durch einen angemessenen Neubau an der Solterbergstraße ersetzt.
Bild: 2010 – Die Gebäude an der Herforder Straße gehörten überwiegend zur Möbelfabrik Pecher, die Erweiterungen nach der Übernahme durch Nitsche entstanden in den letzten Jahren.
Der Bau der Herforder Kleinbahn hatte Exter Aufschwung gebracht. Diese den Kreis Herford in ost-westlicher Richtung von Wallenbrück über Herford, Bad Salzuflen und Exter bis zum Hafen Vlotho erschließende Verbindung unterstützte die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde. Mehrere holzverarbeitende Handwerksbetriebe, die sich auf die Fertigung von Einzelmöbeln, Sargtischlerei und Fachwerkbau eingerichtet hatten, entwickelten sich zu Industriebetrieben mit Serienfertigung. Der letzte der fünf Betriebe, die Küchenmöbelfabrik Pecher, schloss 1990, am Standort werden weiterhin Möbel von dem aus Herford stammenden Nachfolgeunternehmen Nitsche produziert.
Wenige Jahre nach dem II. Weltkrieg siedelten sich in der noch selbständigen Gemeinde Exter wie überall in Ostwestfalen Flüchtlinge und Vertriebene an. Weitere Baugebiete wurden bis in die aktuelle Zeit ausgewiesen, Exter hat heute etwa 3000 Einwohner.
Im ebenso in neuer Zeit entstandenen Gewerbegebiet Industriestraße/ Im Meisenfeld ließen sich mehrere größere und kleine Industriebetriebe nieder. Hergestellt werden unter anderem Möbelbeschläge, Filtersysteme, Reinigungsmittel, Kunststoffverpackungen, auch Blech-Blasinstrumente werden hier produziert.
Exter liegt im Schnittpunkt zwischen der Kernstadt Vlotho, Bad Salzuflen, Löhne, Bad Oeynhausen und Herford. Die 1938/39 quer durch den Ort gebaute Reichsautobahn ist heute als A2 bekannt. Auf exterschem Gebiet befinden sich bedingt durch die topografischen Anforderungen drei Autobahnbrücken. Aus Richtung Dortmund nach Exter kommend, fährt der Reisende zuerst über die Finnebachbrücke, sie liegt im Grenzbereich zum Herforder Stadtteil Schwarzenmoor.
Bild: 1991 – Noch führt die A-2-Auffahrt in Richtung Hannover durch die beiden Teile des Friedhofes in Exter (links der alte, rechts der neue). Das Fahrzeug bewegt sich scheinbar direkt auf die etwa 1 km in Luftlinie entfernte Windmühle zu.
Die Exter-Talbrücke nahe der Kirche im Ortsmittelpunkt steht wie diese unter Denkmalschutz. Die A2-Anbindung Nr. 31 trägt den Namen „Exter“ mit einem Hinweis auf unsere 1959 zur ersten evangelischen Autobahnkirche geweihte Dorfkirche. Bis zum Jahr 2000 lag die Ab- und Auffahrt aus Richtung Dortmund bzw. in Richtung Hannover so nahe an der Kirche, dass sie den neuen vom alten Friedhof trennte.
Die dritte, Talbrücke Steinegge, zeigt ebenso wie die zweite in der Südansicht ihre besondere Schönheit einer Bogenkonstruktion in Verbindung mit den Verblendungen, die sie wie massiv aus Naturstein errichtet erscheinen lassen. Beide Brücken erhielten im Zuge der Autobahnverbreiterung in den Jahren 2000/2001 Neben- bzw. Anbauten, was durch die zusätzlichen Fahrspuren in beiden Richtungen erforderlich wurde.
Im Ort gibt es mehrere Nahversorger für den täglichen Bedarf, einen Zahnarzt, eine Apotheke, Sparkasse und Volksbank, Friseure, eine Tankstelle, zwei Hotels. Der Kindergarten und die evangelische Bekenntnis-Grundschule vervollständigen das Angebot.
Seit 1995 wird ein durch die Ortsvereine organisierter Weihnachtsmarkt abgehalten. Mit der Organisation der Feier zum Osterfeuer befasst sich die 1905 gegründete Freiwillige Feuerwehr Exter. Zwanzig Jahre jünger ist der Reit- und Fahrverein „von Bismarck“ Exter, Ausrichter zahlreicher Turniere von überregionaler Bedeutung, worauf u. a. auch zurückzuführen ist, dass Exter als „Reiterdorf bezeichnet wird.
Bild: 2010 – Blick von der Steinegge: Lindemanns Windmühle vor dem ehemaligen Hofgelände mit der Gastronomie des dort ansässigen Golf-Clubs.
Über die Kreisgrenzen hinaus bekannt ist ebenso die SGEE (Sportgemeinschaft Einigkeit Exter) durch die Ausrichtung des seit 1978 jährlich stattfindenden Exter Triathlon, ein sportliches Ereignis mit meist 400 bis 500 Teilnehmern aus dem weiten Umland. Aus dieser Gemeinschaft war 1947 der Fußballclub Exter hervorgegangen. Kirchliche Jugendarbeit leistet der örtliche CVJM (Christlicher Verein junger Menschen). Auf exterschem Gebiet betreibendie 1984 gegründeten Vereine Golf-Club Exter und Golf-Club Herford ihre Anlagen. Die Tennishalle im Industriegebiet Meisenfeld nutzt der Tennisclub Exter. Nicht zu vergessen ist die Geschichtswerkstatt Exter, auf deren Internet-Seiten Sie diesen Artikel lesen.
Bild: 2010 – Der Wittekindstein an der Wittekindstraße
Auf Solterwischer Gebiet ist der unter Denkmalschutz stehende Wittekindstein zu finden. Karl der Große und der Sachsenherzog Wittekind reichten sich der Sage nach im 8. Jahrhundert über diesem in Sesselform geformten Sandstein versöhnlich die Hände. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um einen mittelalterlichen Gerichtsstein handelt, versehen mit Hauszeichen Herforder Schöffenfamilien. Im Nationalsozialismus wurden sie in dem Bestreben, ein uraltes Symbol für Germanentum präsentieren zu können, als Runen gedeutet.
Es wird erzählt, dass an der Steinegge an Johanni (29. September) ein Holzgedinge (Holzgericht, in dem mit der Nutzung des Waldes entstandene Streitfälle geregelt oder Bedingungen dafür bekanntgemacht wurden) stattgefunden habe. Obwohl nicht unwahrscheinlich, ist es unklar, ob der heute als Wittekindstein bezeichnete Steinsessel damit zu tun hatte.