2002 stellte die Geschichtswerkstatt Exter ihr drittes historisches Film-Projekt vor, das sich im wesentlichen mit der Burg Vlotho auseinandersetzt. Was hatte näher gelegen, als die unbekannten Tiefen des Brunnens bei dieser einmaligen Gelegenheit in Augenschein zu nehmen, eine Abfahrt tief in den Berg zu organisieren, zu dokumentieren und vielen anderen zugänglich zu machen?
Mit Hilfe des Technischen Hilfswerkes Vlotho ging es zur Sache. Anfang Mai 2000 waren die technischen Details geregelt. Die PROKA Herford leistete ebenso Hilfestellung und nach der Entfernung des Schutz-Gitters konnte um 7:23 Uhr das erste Foto einer ganzen Serie geschossen werden …
Der Blick in einen tiefen Schacht …
Im oberen Bereich, dort, wo das Licht noch ausreichte, hatte sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte eine im wesentlichen aus Moosen und Farnen bestehende Flora angesiedelt.
07:31 Uhr
Noch ist es ruhig auf dem Gelände
07:36 Uhr
Morgendliche Licht- und Schattenspiele
07:40 Uhr
Erste Besucher, 2. v. r. A. W. König von der Geschichtswerkstatt, rechts daneben Norbert Kaase an der Video-Kamera
07:57 Uhr
Das Technische Hilfswerk rückt an. Ein der Mitarbeiter wird an einem Kran die Reise in die Tiefe antreten. Der Brunnenschacht befindet sich hinter der Mauer rechts im Bild. Mit dem Kranwagen ist an ihn nicht einfach heranzukommen Der Ausleger wird aber über die Mauer hinweg geführt werden können.
07:57 Uhr
Der Kranwagen
07:57 Uhr
Auch hier haben sich interessierte Besucher eingefunden
07:57 Uhr
Der Kranausleger schiebt sich langsam über die Mauer, der Brunnen befindet sich rechts unterhalb des Geländers
08:04 Uhr
Die THW-Männer sondieren die Lage aus allen erdenklichen Blickwinkeln
08:05 Uhr
Michael Frohnert (Bildmitte) wird den Abstieg wagen. Zwar hat er einige Erfahrungen in Höhlenbegehungen, diese Aufgabe ist etwas völlig anderes.
08:06 Uhr
Norbert Kaase in exponierter Position, damit ihm und seiner Video-Kamera so wenig wie möglich entgeht.
08:13 Uhr
Michael Frohnert wird in einem Korb in die Tiefe fahren, im Interesse der größtmöglichen Sicherheit wird hier eine seitliche Verankerung verlegt.
08:14 Uhr
Jeder Handgriff bei den umfangreichen Vorbereitungen muss sitzen.
08:15 Uhr
Das Stahldrahtseil für die seitliche Absicherung des Fahrkorbes wird aufgerollt und geprüft
08:24 Uhr
Bei der der ersten Auslotung der Tiefe rutscht das Seil nicht mehr weiter. Hängt es bei etwa 40 Metern fest? Oder ist das Ende erreicht?
Rechts am inneren Brunnenrand ist das erwähnte Ahornbäumchen zu sehen.
08:25 Uhr
Allmählich füllen sich die „Ränge“. Von dieser Position aus mit Blick auf den Brunnen rechts unten sind alle Tätigkeiten gut zu beobachten. Auch Oliver Plöger (ganz rechts) von der örtlichen Presse wartet mit Spannung.
08:29 Uhr
Der THW-Mitarbeiter in der Bildmitte kümmert sich um die Atemgeräte. Niemand weiß, welche Luftverhältnisse angetroffen werden. Wird man auf Ausgasungen wie die im Bergbau gefürchteten „schlagenden Wetter“ stoßen? Zwar hat in der Vergangenheit sicher trotz des Gitters manches brennende Papiertaschentusch den Weg in die Tiefe gefunden, aber passiert ist bisher nichts.
Trotzdem … wer weiß?
08:30 Uhr
Der Kranausleger bahnt sich einen Weg durch das Blätterdach
08:33 Uhr
Der Fahrkorb ist soeben eingetroffen.
08:34 Uhr
Das Gerät wird von allen Seiten geprüft und begutachtet, man will sich auf jeden möglichen Störfall gut vorbereitet wissen
08:40 Uhr
Richard Brüll, Leiter des THW Vlothos (mit gelbem Helm), trägt die Verantwortung für die Aktion und kontrolliert mit seinen Mitarbeitern die Ausrüstung.
08:41 Uhr
A. W. König von der Geschichtswerkstatt harrt wie viele andere der Dinge, die da kommen werden.
Wie können wir diese Aktion in unser Video-Projekt integrieren? Was ist besonders wichtig und bringt Spannung in den Film, was möchte der geschichtlich interessierte Vlothoer über „seine“ Burg, „seinen“ Brunnen wissen und sehen…?
08:43 Uhr
In der Zwischenzeit laufen die Vorbereitungen für den Abstieg weiter. Hier sollte übrigens auch erwähnt werden, dass Mitarbeiter des DRK Vlotho an dieser Übung teilnahmen.
08:45 Uhr
Unruhe bei den Zuschauern – wann geht es endlich weiter?
08:57 Uhr
Der Fahrkorb – hier ist er leer …
09:00 Uhr
Der Fahrkorb – Michael Frohnert betritt ihn probehalber
09:06 Uhr
Zwischendurch ein Blick über das Burggelände. Es ist ein herrlicher Morgen, die Sonne fällt durch frisches Maigrün und Licht- und Schattenspiele lassen sich mit der Kamera kaum einfangen. Im Bild ein Blick auf Burggewölbe und Pallas.
09:16 Uhr
Es kommt Ruhe in die Vorbereitungen, sicher dauert es nicht mehr lange.
09:17 Uhr
Letzte Konzentration
09:21 Uhr
Die Pressevertreter sammeln Informationen, ordnen schon einmal ihre Notizen
09:32 Uhr
Es ist es soweit. Michael Frohnert hat den Fahrkorb bestiegen, bereit zur Abfahrt.
09:38 Uhr
Auf dem Weg in die Tiefe. Das Blitzlicht der Kamera vermag die Tiefe nur unzureichend zu durchdringen, das Licht bleibt förmlich an der Vegetation an der Brunnenwand kleben. Die Handlampe, die der THW-Mann mitführt, wird ihm nur spärliches Licht bieten können.
09:38 Uhr
Bei diesen Lichtverhältnissen machen weitere Versuche zu Aufnahmen wenig Sinn.
09:52 Uhr
Spannungsgeladen verfolgen THW-Mitarbeiter den Weg ihres Kollegen, der rege Funksprechverkehr beruhigt, es verläuft alles normal. Ab und zu ein hallendes Geräusch von unten: der Fahrkorb schlägt an die unregelmäßige, konisch zulaufende Brunnenwand.
10:14 Uhr
Prüfung des Sicherungsseiles: Alles in Ordnung!
10:15 Uhr
Er hat die volle Aufmerksamkeit seiner Kollegen: Der Mann in der Tiefe.
10:16 Uhr
Gespannte Aufmerksamkeit auch bei den Zuschauern.
10:16 Uhr
Es tut sich etwas da unten. Ist etwas passiert? Wie sollte man dem Mann im Brunnen schnell helfen können, wenn es ein Problem gibt …
10:20 Uhr
Kein Problem – Michael Frohnert ist wieder am Tageslicht.
10:21 Uhr
Zuerst einmal Beifall für den Helden des Tages. Ein Ziel ist erreicht, zum erstenmal seit wahrscheinlich etwa 2 Generationen ist wieder ein Mensch im Brunnen der Burg Vlotho gewesen. Welche Fragen können jetzt beantwortet werden.
10:43 Uhr
Ein Blick nach unten, einige Geheimnisse des Brunnens sind sicher gelöst. Michael Frohnert erzählt: „Der Brunnen ist bis unten hin an einer Seite durchgemauert, er sieht hervorragend aus, kein Schlamm, wenig Unrat. Man kann sehen, dass er tiefer war. Wir haben grob gemessen und möchten im Augenblick von etwa 60 Metern Tiefe ausgehen. – Die Luft unten ist erträglich, etwas muffig, aber unbedenklich – ohne Atemgerät wird es allerdings etwas schwierig.“
11:04 Uhr
Vorbereitungen für die zweite Stufe der Aktion. Das Terrain, das es noch einmal zu betreten gilt, ist bekannt, und damit berechenbarer.
11:28 Uhr
Nun geht es mit der Video-Kamera vielleicht 60 Meter hinunter. Der Tiefenfahrer als Kameramann. Letzte Prüfungen und Kontrollen , diese Gelegenheit bietet sich so leicht nicht wieder.
11:29 Uhr
Die zweite Abfahrt hat begonnen. Dieses Bild verdeutlicht anschaulich die getroffenenen doppelten Sicherheitsvorkehrungen: Kette und seitliches Bremsseil.
11:32 Uhr
Andeutungsweise ist es erkennbar: Diesmal wird mit Licht abgefahren, ein 1000-Watt-Strahler wird Licht für die Video-Kamera liefern und dem Tiefenfahrer die Übersicht erleichtern.
11:36 Uhr
Bemerkungen zu diesem und den folgenden Bildern sind überflüssig
11:37 Uhr
11:38 Uhr
11:39 Uhr
11:40 Uhr
11:41 Uhr
Der tiefstmögliche Punkt ist erreicht, der Brunnenschacht macht hier einen leichten Bogen, dem die Kamera nicht mehr folgen kann, abgesehen davon, dass das Licht unzureichend geworden ist.
11:44 Uhr
Die Spannung der ersten Abfahrt ist vorbei, neugierig wird diskutiert, was der Mann im Brunnen bei nun besserem Licht sieht; was er filmen wird. Die Spekulationen zur Tiefe sind noch nicht verstummt. Fast jeder der heute Anwesenden hat schon einmal einen oder auch mehrere Steine hinein geworfen, das muss doch eine Wirkung gehabt haben, und in den über sechs Jahrzehnten seit der Freilegung haben das auch schon andere gemacht …!
11:45 Uhr
Der Mann am Kran kommunziert mit dem Mann in der Tiefe, beide gut aufeinander eingespielt.
11:45 Uhr
Ein seitlicher Blick hinter die Kulissen, das eigentliche Geschehen spielt sich rechts hinter der Mauer ab.
11:45 Uhr
Ein Großteil der Zuschauer hat sich schon abgesetzt, einige Unentwegte harren aus, wollen sich nichts entgehen lassen
11:48Uhr
Mittlerweile kündigt sich die Rückkehr des Fahrkorbes an: Er ist gerade noch erkennbar, trotz des starken Scheinwerfers.
11:50 Uhr
„Alles o. k.?“
12:04 Uhr
Da ist er wieder …!
12:05 Uhr
Noch einmal Beifall – Die Aktion ist glücklich beendet.
Zeit für eine Pause, für die …
… Bilder einer Abfahrt – 1 –
Knapp unter dem Brunnenrand sind wir hier noch im lichtdurchfluteten Bereich mit seiner relativ üppigen Flora.
Bilder einer Abfahrt – 2 –
Es sieht aus wie ein Stück Waldboden, doch es ist die Innenwand des Burgbrunnens.
Experte Heinz Lienenbecker teilte uns zum Bewuchs mit: Das Bild zeigt im Zentrum ein größeres Exemplar der Hirschzunge (Phyllitis scolopendrium); am unteren linken Rand sind 2 – 3 Blättchen vom Braunstieligen Streifenfarn (Asplenium trichomanes) zu erkennen. Bei dem Farn mit dem trichterförmigen Wuchs quer durch das Bild dürfte es sich wohl um den Frauenfarn (Athyrium filix-femina) handeln. Im oberen Bildteil links von der Hirschzunge glaube ich ein Blatt des Blasenfarns (Cystopteris fragilis) erkennen zu können.
Bilder einer Abfahrt – 3 –
Mit zunehmender Tiefe nimmt der Bewuchs rapide ab, noch weiter unten haben auch Moose keine Chance mehr.
Bilder einer Abfahrt – 4 –
Blick nach unten: Die Wände sind nicht mehr gemauert, der dunkle Schacht scheint ins Unendliche zu führen.
Bilder einer Abfahrt – 5 –
Blick nach oben, wir befinden uns auf der Höhe des Übergangs vom Mauerwerk zum rohen Fels.
Bilder einer Abfahrt – 6 –
Der Durchmesser verringert sich immer mehr, wie haben die Menschen damals diese Arbeit bewerkstelligen können? Wir sehen hier wahrscheinlich den Urzustand von vor mehreren hundert Jahren.
Bilder einer Abfahrt – 7 –
Die Sohle ist erreicht … Michael Frohnert war mit Atemgerät in die Tiefe gefahren: zwar riecht die Luft seiner Meinung nach etwas muffig, einem Feuerzeug genügt der Sauerstoffgehalt.
Bilder einer Abfahrt – 8 –
Der Blick auf die Sohle. Von der Unterkante des Förderkorbes bis zum Grund sind es noch etwa zwei Meter. Undeutlich sind Münzen zu erkennen. Das Grün gehört hier eigentlich nicht hin; Zweige aus der Baumkrone über dem Brunnen waren bei der ersten Einfahrt hereingefallen.
Bilder einer Abfahrt – 9 –
Hier unten sind die Wände wieder vermauert und erneut stellt sich die Frage, wie mühevoll das gewesen sein mag. Seit wann existiert dieses Mauerwerk, von Anfang an oder erst seit der Freilegung gegen 1936?
Bilder einer Abfahrt – 10 –
Das Ende einer aufregenden Reise in die Tiefe … Es geht der Oberwelt entgegen!
12:13 Uhr
Und wieder im Freien auf dem Burggelände! Diesmal wollen wir es genau wissen, das bei der zweiten Abfahrt mitgeführte Seil wird auf dem Rasen ausgelegt und genau vermessen
12:14 Uhr
Es geht ans Aufräumen
12:14 Uhr
Diese Antwort kennen wir: Der Brunnen hat eine augenblickliche Tiefe von 52 Metern, zu erkennen ist, dass er tiefer gewesen sein muss. Seit 1936 (also der teilweisen Öffnung) könnten durchaus etliche Meter mit herabgeworfenenen Steinen u. ä. verfüllt sein. Die tatsächliche Tiefe wird man wohl nie ergründen können. Reichte seine Sohle bis zum Grundwasserspiegel, der in den letzten Jahrhunderten gesunken ist, wurde er von seitlich einfließendem Wasser gespeist? Eine Tür mit geheimnisvollen Fluchtgängen dahinter haben wir nicht gefunden, oder wäre sie verschüttet? Aber welchen Sinn hat ein Fluchttunnel in solcher Tiefe? Noch sind Fragen offen!
12:20 Uhr
Einige kleine konnten Geheimnisse konnten gelüftet werden, der Zugang zu anderen ungelösten wird provisorisch, aber ausreichend abgedeckt. Eine stabile Metall-Glas-Konstruktion wird künftig absichern.
12:21 Uhr
12:23 Uhr
12:24 Uhr
12:27 Uhr
Ein letzter Blick auf den „Fahrstuhl“, der einem sicherlich anders gearteten weiteren Einsatz entgegensieht und die Leute vom THW haben eine nicht alltägliche Übung hinter sich.
12:33 Uhr
Noch einmal ein paar Worte von Michael Frohnert: „Die zweite Abfahrt hat bestätigt, was ich schon gesagt habe, da unten ist es sehr sauber. Leider reichte das Seil nicht ganz, ich hatte noch etwa zwei Meter unter mir. Der Boden sah sehr glatt aus. Ich habe ein Feuerzeug gezündet und die Flamme brannte sehr ruhig, die Luft da unten ist also in Ordnung.“
12:37 Uhr
Mehr als fünf Stunden sind vergangen, das Bild des Brunnens hat sich für immer verändert, die Holzabdeckung wird mit einem stabilen Stahlblech zusätzlich abgesichert werden, bis die endgültige Abdeckung installiert ist.
Abgedeckt …
Einige Wochen später ist endgültig Normalität eingetreten, das Burggelände ist nach wie vor Ausflugsziel, Kinderspielplatz, Platz zur Besinnung und im Juni 2000 der Schauplatz des 6. Kreisgeschichtfestes.
Gewandelt
hat sich das Bild des Brunnens. Die endgültige Abdeckung aus Glas und Metall, die den Schacht in die Tiefe absichert, hat Symbolcharakter. Die Form sei einer Greifenklaue nachempfunden, heißt es. So sei ein Bezug hergestellt zu einem Raubritter Kurt von Greifenklau, der einst die Weser bei Vlotho unsicher gemacht haben soll. Mehr darüber hier …