(aus: K06 – Braucht Ihr heute was?)
Text: Annegret Rögge
Wilhelm Heinrich Petersen (* 26.9.1898, + 3.1.1976), besser bekannt als Peiti aus Exter, zuckelte mit einem Eselskarren durch die Gegend. Peiti war ein Original, immer lustig, kontaktfreudig und wusste sich in Szene zu setzen. Von seinem Vater hatte er eine kleine Besitzung in der ‚Bickbeernflage‘ geerbt, die er zusammen mit seiner Frau Berta bewirtschaftete.
Bild: (etwa 1970) Auf der Bickbeernflage im früheren Solterwisch: Peiti mit Ehefrau Bertha und „Hottemax“
Die aus der sehr kleinen Landwirtschaft erzielten Erträge reichten allenfalls zur Beschäftigung aber nicht zum Lebensunterhalt aus, so dass er sich nach einer anderen Geldquelle umsehen musste. Zur kleinen Landwirtschaft kamen ein kleiner Esel, ein kleiner Federwagen und der Handel mit Ölen und Fetten begann. Werbung erhöht den Umsatz, Peiti malte sich ein aussagekräftiges Werbeschild „Onkel Peiti mit dem Hottemax bringt Öle, Fette, Bohnerwachs“, das er an seinem Gefährt gut sichtbar befestigte. Später zog ein Maultier den Wagen, der Name Hottemax blieb.
Bild: (o. J.) Peitis „Festwagen“ – Hier mit Maultier
Wenn in den 30er Jahren im Dorf ein Ernte-, Feuerwehr- oder Reiterfest gefeiert wurde, beteiligte sich Peiti mit seinem Gespann und zuckelte freundlich winkend im Festumzug durch die Dorfmitte. Dabei wurde nicht allein sein Miniaturgefährt bestaunt, Peiti wusste sein Publikum mit Gesang und Musizieren auf das Beste zu unterhalten. Als Maskottchen der Feuerwehrkapelle Exter setzte er die Akzente durch kräftiges Schlagen der Becken, was ihm den weiteren Beinamen „Wupptamann“ einbrachte. Auf Polterabenden spielte er mit dem Schifferklavier auf, sang Bänkellieder etwa von der Art: „Achter iusen Hiuse was ‚en Ecksternnest. Die Lütchen wärn heriude, de Äule scheit in’t Nest“, wobei das Repertoire nach einigen Schnäpsen immer größer wurde.
Bild (etwa 1990) Solterwisch Nr. 54 – Wilhelm Petersens Kotten (zu Solterwisch Nr. 54 siehe hier mehr …)
Ständiges Kautabakkauen hatte Peitis wenige Zähne schwarz gefärbt. Seine lispelnde Aussprache, die mit weiter Manchesterhose und Joppe bekleidete kleine dünne Gestalt sowie die Ledermütze mit Patina vollendeten eine ungewöhnliche Erscheinung.
In einer noch nicht von Medien übersättigten Zeit war man für Unterhaltung dankbar, ein Original wurde durch die richtigen Stichworte, einen lockernden Klaren noch origineller gemacht – man sprach gerne mit ihm und über ihn. „Peiti“ setzte sich bei seinen Verkaufsbesuchen zu den Alten an den Ofen und gab seine Geschichten und kuriosen Einfälle zum Besten. So versuchte er schon in den 30er Jahren hinter seinem Haus eine Windkraftanlage zu bauen, um damit sein Korn zu dreschen. Irgendwie klappte das nicht – auch diese ihrer Zeit weit vorauseilende Idee wurde im Dorf Gesprächstoff, den Betonsockel gibt es heute noch.
Bild: Wilhelm Petersen mit „Fuhrpark“
Der Mensch lebt von Erfolgen – an Misserfolgen sind die anderen schuld. Peiti gelang es einmal auf dem Markt in Vlotho acht Ferkel zu verkaufen und freute sich: „Von dem Geld hätte ich einen ganzen Waggon Kohlen am Vlothoer Bahnhof kaufen können!“ Beachtlich – heute wäre ein Wurf von acht Ferkeln zu klein, von Gewinn ist nicht zu reden.
Mit dem ‚Schmer‘-Handel war für ihn nicht genug Geld zu machen, als drittes Standbein arbeitete er in der Möbelfabrik Pecher. Bevor die anderen Arbeiter kamen, heizte er in aller Frühe den Kessel an. So erwarb er sich eine kleine Rente, die ihm und seiner Frau für das Nötigste reichte.