Neue Heimat nach Flucht und Vertreibung
2016 – brosch., 170 x 220 mm, 168 S., 102 Abb. (überwiegend farbig)
Text: Ilse Schulte und Hans-Peter Märgner
Zu diesem Buch
Vorwort und Inhaltsbeschreibung
(Hans-Peter Märgner)
»Wir leben in einer Epoche des Endes der Zeitzeugen«, sagt der polnische Historiker Robert Traba. Er meint damit die Generation, die Krieg, Flucht, Vertreibung und Nachkriegszeit selbst erlebt hat. Unseren Kindern und Enkeln bleibt also nicht mehr viel Zeit um Fragen zu stellen. Wenn die betroffene Generation abgetreten ist, werden in vielen Familien Fragen offen bleiben. So erging es auch mir. Als meine Eltern nicht mehr lebten und ich begann, meine Erinnerungen aufzuschreiben, merkte ich, dass es im Leben meiner Eltern etliche weiße Flecken für mich gab, die ich nicht mehr mit Farbe füllen konnte.
Bei meinen Befragungen zu diesem Buch hörte ich oft das Argument: »Es lohnt sich nicht zu schreiben, denn die jungen Leute interessieren sich nicht für die Vergangenheit.« Oft stimmt es auch, denn in jungen Jahren hat man oft anderes im Kopf. Aber auch Kinder und Enkel werden älter, nur ist oft niemand mehr da, der ihnen etwas von »Damals« erzählen könnte. Dieses Buch soll auch dazu anregen, selbst zur Feder zu greifen, um den Nachkommen etwas zu hinterlassen.
Eigentlich hätte es viel früher erscheinen müssen, als die Erwachsenengeneration noch lebte. Die hier auftretenden Zeitzeugen waren damals noch Kinder oder junge Erwachsene. Sie sehen oft die Geschehisse anders als die Eltern oder Großeltern. Doch viele schreckliche Erlebisse brannten sich auch in Kinderseelen ein.
Nach dem Krieg herrschte oft das Große Schweigen, Erlebtes wurde verdrängt. Erst im Alter brechen sich die erschütternden Erinnerungen ihre Bahn. Im letzten Kapitel dieses Buches wird über Traumatisierungen durch den Krieg berichtet.
Die Reihenfolge der Zeitzeugen entspricht den Daten von Flucht und Vertreibung. Das Buch beginnt mit einer, für diese Schrift abgestimmten kurzen Geschichte von der »mittelalterlichen Ostsiedlung« bis hin zum Zweiten Weltkrieg. Es erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Geschichtsschreibung. Über diese Themen haben Historiker umfangreiche Werke geschrieben. Im Anhang des Buches befindet sich eine kleine Literaturauswahl.
Seit der »Wende« und der Öffnung der Grenzen, besonders im Osten, wird über das Kriegsgeschehen und dEssen Folgen neu nachgedacht. Eine deutsch-polnische KomMission arbeitet an einem gemeinsamen Geschichtsbuch für den Schulunter-richt. Über die Verbrechen auf beiden Seiten kann heute schon bEsser gesprochen werden, obwohl nicht alles aufgearbeitet ist. Auch in diesem Buch werden dramatische Ereigisse beschrieben. Sie sollen keine gegenseitige Schuldzuweisung sein, sondern aufzeigen, wie zerstörerisch Kriege und ihre Folgen sind. Machtmenschen, im Großen wie im Kleinen, sollte man kritisch begegnen.
Inhaltsübersicht
Erstes Buch
Wo die Deutschen im Osten siedelten // Ordensland // Blicke in die Vergangenheit // Nach dem Ersten Weltkrieg // Zweiter Weltkrieg // Polnische Zeitzeuginnen berichten // Geflüchtet // Zeitzeugen in Exter: Flucht aus OstPreussen // Otto Steiner // Manfred Brandt – Flucht aus OstPreussen 1945 // Gerd Maroske // Wilfried Weger // Joachim Woldt // Horst Kixmöller // Der Krieg ist zu Ende // Erika Brandt // Eine weitere Zeitzeugin // Edith Köpke // Ilse Schulte/Hans-Peter Märgner
Zweites Buch // Kriegs- und Nachkriegszeit in Exter // Flüchtlinge und Vertriebene. // Und wie war es in Exter? // „Alte“ Exteraner erzählen // Notunterkünfte // Es tut sich was // In der Schule wird es eng // Kirchen // Das „normale“ Leben in Exter in den ersten Nachkriegsjahren // Reisen in die alte Heimat // Zeitzeugen unterwegs // Was in Polen geschah // Leben der Deutschen in Polen // Zwei Zeitzeugenberichte // Der lange Schatten des Krieges // Das Trauma bricht sich Bahn // Krieg unvermeidbar? // Literaturliste – Illustrationen, Bildzitate und -quellen – Namen, Orte
Erlebnisberichte der Autoren