Eine Burg, die etwas auf sich hält, verfügt über mindestens einen Wachtturm und einen Brunnen. Die Vlothoer Burg liegt hoch oben auf dem Amthausberg und hat beides: ein Wachtturmrelikt und einen Brunnen. Wenn das Gelände etwa 100 Meter über der Weser liegt, wie tief wird er dann sein? 50 Meter, 60 Meter, 80 Meter oder gar 120, wie manche behaupten? Wir wollten es wissen und gemeinsam mit dem Vlothoer THW konnten wir ein gar nicht so alltägliches Unterfangen in die Tat umsetzen. Dies ist der Bericht mit vielen Bildern, auch aus der Tiefe. (Wenn Sie ein Bild größer sehen möchten, klicken Sie es an!)
Bevor Sie hier Ihre Reise durch die Geschichte der Burg Vlotho beginnen und zur Reportage über unsere Auslotung, noch ein Hinweis: Unser Mitglied Elisabeth Petzholdt bietet Führungen durch die Burg Vlotho an. Auch für Schulklassen und Kindergärten arrangiert sie gern einen unterhaltsamen Streifzug. Einzelheiten erhalten Sie als PDF hier … (pdf 180 KB)
So sah um 1850 die Burgreste auf dem heutigen Amtshausberg, wer auf der Straße vom lippischen Erder nach Vlotho reiste. In der Bildmitte ist der wichtige Weserhafen erkennbar und das Gebäude links im Vordergrund beherbergt zu dieser Zeit die Bierbrauerei Brandt, die 1871 in den Besitz Robert Volbrachts kam und unter seiner Führung zu einem wichtigen Industrieunternehmen Vlothos wurde.
Auch auf dieser Ansicht aus dem Jahre 1581 ist zu sehen, an welch strategisch wichtigem Punkt hoch über dem einstigen Flecken Vlotho die Burg positioniert ist. Zu bemerken ist dazu, dass diese Mercator-Zeichnung die Baulichkeiten von Burg und Flecken Vlotho nicht naturgetreu wiedergibt.
Zur Geschichte der Burg seien hier einige Jahreszahlen vermerkt, die der Besucher der heute im wesentlichen nur noch rekonstruierten Mauerreste auf einer großen Tafel im Eingangsbereich des Geländes am Burgrestaurant findet. Die im nächsten Bild gezeigte ist ihre Vorgängerin und nicht mehr vorhanden.
- Von 1270 – 1567 ist die Burg Sitz des Drosten und der Amtsverwaltung
- 1368 zerstören Truppen der Stadt Minden Burg und Stadt Vlotho
- 1618 – 1648 sind kaiserliche, schwedische und brandenburgische Truppen auf der Burg
- 1660 zieht die brandenburgische Besatzung ab
- 1709 wird die Burg auf Abbruch verkauft, es bleiben Gefängnis und Scheune für Gut Deesberg
- 1858 wird das Gefängnis aufgehoben
- 1884 wird eine Gastwirtschaft eingerichtet
- 1889 erwirbt die Stadt Vlotho den Amtshausberg von Gut Deesberg
- 1936 – 1939 wird bei Ausgrabungen im Westteil der Burg der Brunnen teilweise freigelegt, sowie Mauern und Graben werden wieder hergestellt
- 2002 sind umfangreiche Gestaltungsarbeiten an und auf dem Burggelände abgeschlossen, die teilweise Überdachung macht das Gelände für Veranstaltungen geeigneter. Der WDR installiert einen modernen Sendemast
Wie die Burg tatsächlich ausgesehen hat, ist heute nicht genau nachzuvollziehen. Wir wissen aber, dass sie als Verwaltungssitz diente. Zeitweise teilten sich zwei Herrschaftsbereiche diesen „Regierungspalast“.
Die gezeigte Rekonstruktion schuf der verstorbene Vlothoer Heinz Kreideweiß nach alten Beschreibungen und Hinweisen, zu denen auch wir beitragen konnten. Das Modell steht heute in der Heimatstube des Vlothoer Heimatvereins. Die Illustration entnahmen wir dem von uns mit Norbert Kaase, Kirchlengern gemeinsam entwickelten Dokumentarfilm „Spielball der Mächtigen – Burg und Herrschaft Vlotho im Mittelalter“, Näheres hier.
Im Grundriss ist der Brunnen rot markiert. Unklar ist die Tiefe. Auf der o. a. Zeittafel sind 80 Meter vermerkt. Bei den Ausgrabungen 1936/1939 wurden 63 Meter gemessen. Ist das die wirkliche Tiefe?
Etwa 150 Meter von der Burg entfernt gibt es eine Eselswiese. Mußte ein Esel diese Entfernung zurücklegen, wenn er bis dorthin einen wassergefüllten Eimer an einem ebenso langen Seil hochzog?
Das stabile, aber unansehnliche Gitter über dem Brunnenschacht fiel am 6. Mai 2000 und wurde durch eine Metall- und Glas-Konstruktion ersetzt, die leider den schon vorher unvollkommenen Blick in die Tiefe noch mehr einschränkt.
2002 stellte die Geschichtswerkstatt Exter ihr drittes historisches Film-Projekt vor, das sich im wesentlichen mit der Burg Vlotho auseinandersetzt. Was hatte näher gelegen, als für dieses Projekt die unbekannten Tiefen des Brunnens in Augenschein zu nehmen, eine Abfahrt tief in den Berg zu dokumentieren und vielen anderen zugänglich zu machen? Eine einmalige Gelegenheit, die es zu nutzen galt.
Mit Hilfe des Technischen Hilfswerkes Vlotho ging es zur Sache. Anfang Mai 2000 waren die technischen Details festgelegt. Die PROKA Herford hatte das Schutz-Gitter entfernt und so konnte um 7:23 Uhr das erste Foto einer umfangreichen Serie geschossen werden …