(aus: M04 Eberhard Delius – Pfarrer in Valdorf)
Text: Marianne Steinmann, Valdorf
Nun kommen wir zu Eberhard Delius‘ wichtigstem Werk, seinem Krankenhaus. Möglicherweise ist die Idee hierzu in der Freundschaft mit Friedrich von Bodelschwingh und dessen Gründung der Anstalt Bethel zu suchen. Ausschlaggebend aber werden wohl die Verhältnisse einer Anzahl von armen, alleinstehenden und älteren Menschen in seiner Gemeinde gewesen sein.
Bild: Eberhard Delius (1835-1897)
Eine Invalidenversicherung gab es ja damals noch nicht. So musste denn jeder Ort für die darin lebenden Minderbemittelten selbst aufkommen. Für ländliche Bezirke hieß das, dass die Bedürftigen von den Bauernhöfen für eine gewisse Zeit aufgenommen und verpflegt werden mussten. Die Dauer dieses Zwangsaufenthaltes richtete sich nach der Größe des Hofes, ein soziales Verfahren, das für die heutige Zeit unvorstellbar ist. Zur Abwendung dieser unwürdigen Zustände soll dann auf der Horst schon einmal eine Art Armenhaus eingerichtet worden sein. Alle diese Dinge haben Eberhard Delius gewiss über lange Jahre bewegt, bis der Gedanke, die Probleme durch die Errichtung eines Pflegehauses dauerhaft zu lösen, feste Formen annahm.
Bild: Das 1886 erbaute Simeonsstift zu Valdorf im Jahre 1928
Das Entscheidende war aber die finanzielle Absicherung des Vorhabens. Und so finden wir in dem Buch „Vermögensverzeichnis Simeonsstift“ schon 1873 die erste Einlage von 300 Mark, die von ihm stammt. Weitere Spenden kamen von der Familienstiftung Delius und immer wieder aus Teilen seines Gehaltes, die er freiwillig zur Verfügung stellte. Seine Tochter Elisabeth schrieb dazu: „Das Festopfer, beim Umgang um den Altar gesammelt und den Ertrag, den Pfarrer und Kantor gemeinsam von Haus zu Haus sammelten, alles dieses als Gehaltszulage üblich, ließ er in den Krankenhausfonds fließen, der seinen ersten Bestand an einem größeren Kapital hatte, das ein Patenonkel unserem Vater vermacht hatte.“
Dies alles ist umso erstaunlicher, als er in seiner Gemeinde zunächst durchaus nicht auf Gegenliebe zu seinen Absichten stieß, ja, einige Gemeindeglieder sogar argwöhnisch waren und sich auch entsprechend äußerten. Sie hatten wohl kein Verständnis für eine so selbstlose Sache. Wir entnehmen den Überlieferungen, wieviel Opfer und Mühen es Jahre hindurch gekostet hat, den Plan in die Tat umzusetzen. Aber es ist gelungen und in der Grundstein-Urkunde heißt es unter anderem: „Im Jahre 1885 nach der Geburt unseres hochgelobten Herrn und Seligmachers Jesu Christi, des Sohnes Gottes und im 15. Jahr nach Wiederaufrichtung des deutschen Reiches ist der Grundstein zu diesem Haus gelegt worden. Dasselbe ist bestimmt zur Aufnahme von kranken und schwachen Armen, welche die ihnen nötige Pflege weder sich selbst verschaffen noch von ihren Anverwandten erhalten können … “
Bild: Simeonsstift (rechts) um 1960 – dahinter die Valdorfer Schule, die spätere Eberhard-Delius-Schule für Kinder mit Lernproblemen, heute „Staatliche Lehranstalt für Physiotherapie …“, betrieben von der Weserland-Klinik Bad Seebruch.
Ein Jahr später war das Haus fertig und es wurde am 4. Juli 1886 eingeweiht. Die Leitung und Pflege wurde Schwestern des westfälischen Diakonissenhauses Bielefeld übertragen, die ärztliche Betreuung übernahm Geheimrat Dr. Hillebrecht aus Vlotho. Am Rande vermerkt sei noch, dass Schwester Eva von Thiele-Winkler, die sich der sozialen Nöte verschrieben hatte, im Rahmen ihrer Ausbildung von Bethel aus für ein Jahr nach Valdorf in das Simeonsstift geschickt worden ist.