Hebammen im Kreis Herford

(aus: K01 Die Storchentante Eine Hebammengeschichte )

Die älteste im Kommunalarchiv Herford erhaltene Akte, in der Hebammen erwähnt werden, ist eine statistische Erhebung von 1823 aus dem Kreis Bünde über das vorhandene „Medicinal Personal“.

Es werden aufgeführt: 1 Wundarzt, 1 forensischer Chirurg, kursiert (Forensik = die Justiz betreffend), 5 Geburtshelfer (nicht kursierte), 1 auf leichte innere Leiden approbiert, 1 Apotheker mit Nebengewerbe, 2 Apotheker ohne Nebengewerbe, 32 Hebammen angestellt in Bezirken, 3 Hebammen angestellt in Städten, 1 Ross- und Vieharzt. Auffällig ist, dass nur drei studierte Ärzte der Versorgung der Bevölkerung genügen mussten, während mit insgesamt 35 Hebammen anscheinend der Bedarf mehr als ausreichend gedeckt war.

Aus Stift Quernheim kam am 24.12.1829 die Meldung, dass schon vor einigen Jahren eine neue Hebamme eingestellt werden sollte, die ausgewählte Person aber beim Unterricht in Bielefeld erkrankte, außerdem sollte ein Wundarzt angestellt werden (In Bielefeld gab es bis Ende 1833 eine Hebammenschule, mit vorzugsweise theoretischem Unterricht in zeitlich knapp gefassten Kursen, analog zu den Schulen in Paderborn und Detmold).

Am 29.12.1830 berichtete der Bürgermeister von Enger …eine Hebamme soll angestellt werden … bis jetzt hat sich keine Frauensperson willig erklärt, behufs Anstellung als Hebamme zur Lehre nach Cölln gehen zu wollen“ (womit Cölln bei Berlin gemeint ist). Es ist davon auszugehen, dass hier bereits praktischer Unterricht an einer Klinik erteilt wurde.

Die Verwaltung des Bezirkes Spenge lieferte am 28.12.1831 ein ‚Verzeichnis von den angestellten Hebammen‘, in dem auch der soziale Hintergrund erfasst wird. Demnach war damals die jüngste 31 Jahre alt, die beiden ältesten im 72. Lebensjahr.

Während die vier jüngeren auf den Verdienst aus ihrer Berufstätigkeit angewiesen waren, weil sie entweder verwitwet waren oder in dürftigen Verhältnissen lebten, viele Kinder hatten, oder alle diese Lasten gleichzeitig trugen, ist bei den beiden älteren vermerkt: ‚besondere Gründe zur Unterstützung sind nicht da‘.

Bild: 1929 wurde das Kreiskrankenhaus in Herford erneuert. Lange Jahre war dieser Standort Dreh- und Angelpunkt im Kreis, wenn es um die stationäre Geburtshilfe ging. 1973 wurde es in den Osten der Stadt verlagert und vor wenigen Jahren in „Klinikum Herford“ umbenannt und ist heute „Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover“

Bemerkenswert ist die Altersstruktur, ein Altersunterschied von fast 40 Jahren zwischen den beiden älteren und den vier jungen Hebammen lässt auf eine lange Zeit mangelnder Akzeptanz der staatlich verordneten schulischen Ausbildungspflicht schließen.

1832 wurden der Regierung in Minden Namen und einige Vereidigungsdaten aus dem Amt Vlotho mitgeteilt: Dorothea Herbst (von Heepen hergezogen), Dorothea Kipp und Justine Lambrecht (* 1832) in Vlotho; Wilhelmine Catherine Wattenberg (vereidigt 16. Juni 1832) und Elisabeth Annemarie Wortmann (* 1833) in Valdorf; Justine König (* 1832), Anne Ilsabein Kleinefinke und Christine Vahrenbrink (vereidigt 16. Juni 1832) in Bonneberg; A. F. Kindervater (vereidigt 15. Juni 1831) in Steinbründorf; Anne Christine Künsting in Exter sowie Anne-Marie Koch in Solterwisch (diese war freilich 1825 verstorben). Zur nächsten größeren Auflistung hatte um 1850 die Preußische Regierung in Berlin aufgefordert.

Dabei wurde die Zahl der Einwohner in den einzelnen Ortschaften, die Namen der „Medicinal Personen“ und die Geburtsdaten der Hebammen (aber nicht die der Ärzte). In Vlotho gab es für 2.357 Einwohner drei Ärzte, einen Apotheker (den sehr aktiven Harry Dönch) und zwei Hebammen (Charlotte Maahr, 42 Jahre und Mathilde Maßier, 38 Jahre). Im wesentlich größeren Valdorf (4.511 Einwohner) arbeiteten drei vereidigte Hebammen (Anne Marie Bergmeier, 50 Jahre, Anna Christine Vahrenbrink, 49 Jahre und Anne Marie Hartwig, 38 Jahre).

In Exter mit seinen 1.847 Einwohnern schließlich hatte sich die 44jährige Marie-Luise Buschmeier niedergelassen. Zumindest zu diesem Zeitpunkt war hier eine Überalterung nicht gegeben.