Kantor Hoppensack kommt nach Exter

(aus: R01 SchulChronik Exter bis 1921)

Einleitung

Manchem älteren Einwohner unseres Ortes ist der in unserer Gegend so gar nicht typische Name Hoppensack noch ein Begriff, schließlich konnte man im Kolonialwarenladen von Fritz Hoppensack noch Jahre nach dem Wirken des alten Kantors im Ort einkaufen. In Exter bzw. Vlotho gibt es wohl keinen Namensträger mehr. Aber auf dem Friedhof an der Autobahnkirche in Exter erinnerte bis Juni 2008 ein Grabstein an die 1971 verstorbene Erna Hoppensack, die Ehefrau unseres früheren Hauptlehrers Heinrich Wehmeyer.

Verbunden ist der seinerzeitige Namensträger mit der Geschichte der Stätte Exter Nr. 27. Kurze Zeit war er Eigentümer. Der Überlieferung nach war das im Zusammenhang mit einer Vormundschaft für den damaligen Communalrendanten Ottensmeyer.

In der bis 1921 reichenden ersten Chronik der Schule von Exter nimmt er er einen recht breiten Raum ein. Das dürfte Zeugnis dafür sein, dass er in den dreißig Jahren, die er im Ort wirkte, seine Bedeutung hatte. Diesen Textbereich stellen wir hier ungekürzt und weitestgehend unverändert vor (was auch für die Rechtschreibung gilt, Überschriften in eckigen Klammern sind nachträglich eingefügt).

Wahrscheinlich wird Kantor Hoppensack zu einem späteren Zeitpunkt Mittelpunkt einer eigenen Ausgabe in unserer Sammelreihe „Beiträge zur Ortsgeschichte“ sein. Vorab und weil vielleicht mancher unserer Besucher etwas beisteuern könnte, berichtet dieser Auszug aus der alten Schulchronik etwas von einer die Geschichte unseres Ortes mitbestimmenden Persönlichkeit.

Kantor Hoppensack kommt nach Exter

Am 1. Mai 1856 wurde im öffentlichen Gottesdienste in der hiesigen Kirche Hermann Heinrich Hoppensack, bisher Lehrer in Bieren bei Bünde, als Kantor, Küster und Organist und Lehrer feierlich eingeführt. Er kam hierher mit einem reichen Kindersegen, fünf Söhnen und sechs Töchtern, im Alter von siebzehn Jahren bis zu den jüngsten, den Zwillinge von sechs Monaten.

Es waren damals 280 – 290 Schulkinder in zwei Klassen zu unterrichten. Diese Vermehrung während der letzten 30 – 40 Jahre hatte in der Errichtung vieler Neubauer-Hütten auf den im Jahre 1836 (und 1837) geteilten Markengrundstücken in der Heide, auf dem Hollenhagen usw. ihren Grund. Sieben Jahre hindurch hat der p. Hoppensack die Schule mit beinahe 300 Schülern allein unterrichtet. Dann wurde im Frühjahr 1863 der bisherige Hilfslehrer in Jöllenbeck, Steinmann aus Minden, als Zweiter Lehrer hierselbst angestellt.

Ein zweiter Klassenraum muss her

Das bisherige große Schulzimmer wurde durch eine massive Zwischenwand mitten durchgeteilt und so zwei Klassenzimmer in aller Eile hergestellt. Die ganze Schülerzahl wurde in vier Klassen eingeteilt. In jeder Klasse waren über 70 Schüler, denen die hergerichteten Schulzimmer kaum zu zwei Dritteln Raum boten. Der p. Steinmann war ein sehr tüchtiger und fleißiger Lehrer, zu bedauern war es, daß derselbe nach kaum eineinhalb Jahren schon von Exter abberufen und als Lehrer an der Bürgerschule in Minden angestellt wurde.

Es hat dann eine Reihe von zweiten Lehrern, während des Jahres 1866 sogar vier, [nämlich] zwei seminaristisch gebildete Lehrer und zwei Präparanden, in der hiesigen Schule gearbeitet. Dann wieder 1870 ein zweimaliger Wechsel, bei welchem die beiden Schulklassen, die II. und die IV. in ihrem Weiterkommen geschädigt oder doch aufgehalten wurden. Es hat dann später noch von 1871 – 1880 ein häufiger Wechsel stattgefunden.

Der p. Hoppensack sah sich daher im Oktober des Jahres 1880 veranlasst, bei der abermals eingetretenen Vakanz der Zweiten Lehrerstelle dem Herrn Ober-Regierungsrat von Schierstedt in Minden mündlich zu erklären, daß die Schule in Exter den häufigen Wechsel der Zweite Lehrer nicht mehr ertragen könne, da danach fast immer eine längere Vakanz, oft vier bis sechs Monate, eintrat, während welcher Zeit der Erste Lehrer sämtliche vier Schulklassen wechselweise zu unterrichten hatte.

Die neue Schule

Das Bedürfnis, eine neue Schule mit zwei geräumigen Schulzimmern und Wohnräumen für zwei Lehrer, wurde bei der Baufälligkeit des alten Schulhauses immer fühlbarer. Nach längerer Verhandlung mit der Königlichen Regierung zu Minden wurde im Jahre 1881 der Neubau ausgeführt und das jetzige Schulhaus fertig gestellt, so daß dasselbe schon am 15. Oktober 1881 vom Ersten Lehrer bezogen und die Schulzimmer vom Lokal-Schulinspektor, Pfarrer Brünger, unter großer Beteiligung der Schulinteressenten feierlich eingeweiht werden konnte.

Unter Absingung des Liedes: „Nun danket alle Gott“, unter Vortragung einer schönen Bibel seitens des Ersten Lehrers wurde das alte Schulhaus von sämtlich anwesenden Schülern verlassen. Vor dem Eingang in das neue wurde von Herrn Amtmann Müller aus Vlotho eine entsprechende Ansprache gehalten, dann von dem Herrn Pastor Brünger dem Ersten Lehrer die Erlaubnis zum Aufschließen unter Überreichung des Schlüsseln zum Haupteingang erteilt. Nun erfolgte der Gesang des Liedes: „Lobe den Herrn,“ und die Einweisung durch Pastor Brünger in feierlichster Weise. Der Erste Lehrer sprach dann noch einige Worte zu den versammelten Eltern und Schulkindern, welche darnach im Nachbarhause bewirtet wurden. Ein heiteres, gemeinschaftliches Beisammensein bei Erquickung von Kaffee, Kuchen usw. machte den Beschluss dieses schönen Festes. – Das alte Schulhaus wurde verkauft und abgebrochen.

Das 25jährige Dienstjubiläum des Kantors Hoppensack

In dem Jahre 1881, den 1. Mai, waren es gerade 25 Jahre, daß der p. Hoppensack in Exter tätig gewesen war. Auf Veranlassung des erkrankten Gemeindevorstehers W. König hatte der Herr Pastor Brünger samt Presbyterium und Schulvorstand es sich angelegen sein lassen, diesen Tag, ohne Wissen und Willen ihres alten Kantors, den 1. Mai 1881, der ein Sonntag war, zu einem Freudentage seines Lebens zu machen.

Morgens vor dem Hauptgottesdienste erschien der Herr Pastor Brünger mit den verehrten Mitgliedern des Presbyteriums, Schul- und Gemeindevorstandes zur Beglückwünschung in der Wohnung des Kantors. Eine schöne Jubiläumsgabe aus der Hand seines lieben Seelsorgers erfüllte mit dankbarer Freude das Herz des alten, nahezu 70jährigen Jubilars. Ebenso sehr bewegte ihn die herzliche Ansprache des Herrn Pastors in der Kirche beim öffentlichen Gottesdienste. Schmerzlich war es für den Jubilar, daß der p. König dieses Fest, zu dem er den Anstoß gegeben hatte, nicht mehr mit erleben durfte, er war tags zuvor begraben.

An dem Nachmittage des 1. Mai wurde der Jubilar samt Frau und Kindern nach der Wohnung des Gemeindevorsteher, Kolon Lübke Nr. 2 zu Solterwisch, zur Festfeier per Wagen abgeholt und hier durch Darbringung eines wertvollen Geschenks, bestehend in einem Sofa, einem runden Tisch, sechs Stühlen, einem Sekretär und einem Regulator überrascht. In aller Stille hatte die Gemeinde das Geld hierzu zusammengebracht. – Der Nachmittag wurde in fröhlicher Stimmung der dort versammelten Gemeindeglieder unter inniger Teilnahme des Herrn Pastor Brünger und Familie zugebracht.

Die Last wird geteilt

In dem neuen Schulhause sollte der p. Hoppensack die Last des Alters und ihre leiblichen Beschwerden kennen lernen. Es kamen für ihn die Tage, von denen man sagt: „Sie gefallen mir nicht.“ Allmählich hatte sich bei ihm schon im alten Schulhause ein lästiges Asthma eingestellt, im neuen schien dies sich noch zu vermehren, so daß er im Winter manchen Tag bei offenen Schulfenstern unterrichten musste, um frische Luft zu haben.

Im Frühjahr 1885 sah er sich genötigt, Königliche Regierung zu Minden zu bitten, daß ihm vom 1. September desselben Jahres ab ein persönlicher Gehilfe überlassen werde. An diesem Tage waren es 50 Jahre, daß er in der Schule als Lehrer gearbeitet hatte. Königliche Regierung gewährte ihm diese Bitte und berief den Gehülfen H. Wulf als persönlichen Gehülfen nach Exter und zwar vom 1. Oktober 1886 ab. Wegen Erfüllung seiner Militärpflicht konnte er aber erst am 16. November 1886 hier sein Lehramt übernehmen. Ihm wurde vom Ersten Lehrer freie Beköstigung gegeben, während Königliche Regierung in Minden ihm einen Zuschuss aus der Amtskasse gewährte und die Schulgemeinde Exter den Rest zu dem baren Gehalte des Stellenvertreters hergab.

Das Dienstjubiläum des Kantors Hoppensack am 1. September 1885

Vom Lokal- und Kreis-Schulinspektor, den Herren Pastoren Brünger und Höpker, wurde bei Königlicher Regierung in Minden die Genehmigung der Feier seines 50jährigen Dienstjubiläums in wohlwollender Weise auf den 1. September 1885 beantragt und genehmigt.

Dieser Tage wurde dem p. Hoppensack zu einem Ehren- und Freudentage gemacht. Die liebe Schulgemeinde hatte wiederum in aller Stille für diesen Tag eine Geldsammlung veranstaltet und dieselbe wurde ihm durch den Gemeindevorsteher Lübke Solterwisch Nr. 2, im Betrage von ungefähr 240 Mark überreicht.

Der Herr Pastor Brünger hierselbst und sein Vorgänger, Pastor Wedepohl in Groß-Rottmersleben, Provinz Sachsen, schenkten ihm einen in einem runden Rahmen gefassten Christuskopf. Die Herren Lehrer überreichten zwei gepolsterte Sessel und von mehreren guten Freunden wurden liebliche Andenken und Gratulationskarten gesandt.

Um halb drei Uhr begann in der Kirche die kirchliche Jubiläumsfeier. Ansprachen hielten zuerst der Herr Pastor Brünger und der Kreis-Schulinspektor Pastor Höpker, welcher dem Jubilar das ihm von des Kaisers und Königs Majestät verliehene Ordenszeichen, den Adler vom Hohenzollerschen Hausorden auf die Brust heftete.

Der Herr Pastor Wedepohl gedachte der schönen Tage, welche er in Exter mit dem Jubilar durchlebt und wie dieser ihm stets ein williger und folgsamer Gehilfe in den kirchlichen Funktionen gewesen wäre. Herr Pastor Borbein aus Vlotho sprach über die Wichtigkeit des Lehrerberufes und überbrachte die Wünsche des Königlichen Consistoriums in Münster.

Herr Kantor Schwick aus Valdorf sprach im Namen der Lehrer und hob aus dem Seminarleben des Jubilars einen schönen Moment hervor, wie ihm im Jahre 1834 der Herr Oberpräsident von Westfalen in Petershagen, mit Hindeutung auf den früheren Beruf als Kataster-Hilfsarbeiter und Feldmesser, die Worte zugerufen habe: „Sie haben das beste Teil erwählt!“ Die Lehrer sangen zur ganz besonderen Erbauung des Jubilars den Psalm: „Der Herr ist mein Hirte.“ – Dann wurde die ganze Versammlung, wohl fünfzig Lehrer, samt den Angehörigen des Jubilars in den beiden Schulklassen mit Kaffee, Bier usw. bewirtet und zwar auf Kosten der Gemeinde Exter.

Mit Eintritt der Dunkelheit entfernten sich die lieben Gäste und Kollegen und alle wünschen dem beinahe 50jährigen Jubilar einen frohen Lebensabend.

Der kurze Ruhestand

Mit dem 16. November 1885 übergab der p. Hoppensack die erste und dritte Klasse dem Hilfslehrer Wulff. Im Winter 1885/86 erholte sich der p. Hoppensack indes soweit, daß er im Mai 1886 durch den Herrn Kreis-Schulinspektor Pfarrer Höpker bei Königlicher Regierung in Minden darauf antragen konnte, daß sein Stellvertreter anderweitig beschäftigt und dem Ersten Lehrer die Schule vom 1. Juni bis zum 1. Oktober 1886 wieder übergeben wurde. Königliche Regierung gestattete dies ausnahmsweise. Am 1. Oktober 1886 trat der p. Hoppensack in den Ruhestand.

Sein Nachfolger wurde der Erste Lehrer Heuermann aus Wehrendorf, und die Zweite Lehrerstelle wurde dem Schulamts-Kandidaten Plöger aus Ströhen verliehen. Beide wurden am 3. Oktober 1886, einem Sonntage, feierlich in der hiesigen Kirche in ihre Ämter eingeführt.

Am 12. Mai 1888 starb der Kantor emeritus Hoppensack nach langem Leiden in seinem gekauften Hause, Neustädter Feldmark Nr. 220 bei Herford. Er hatte am 10. Mai, also zwei Tage vor seinem Ende, am Himmelfahrtstage, noch seine goldene Hochzeit gefeiert. Er wurde am 17. Mai auf dem Kirchhofe zu Stift-Berg beerdigt. Er hatte ein Alter von 76 Jahren erreicht.


Bildmaterial liegt zu diesem Bericht nicht vor, auch das Haus Herforder Feldmark Nr. 220, später Herford, Eimterstraße 18, ist verschwunden.