(aus: Karl Kuhlo – Pastor in Valdorf)
Text: Claudia Krieger, Valdorf (Zitate aus: Schöttler, Schlichte Bilder …)
Karl Kuhlo hatte bereits in seinem Elternhaus – der Vater war Kantor und Rektor – die Grundlagen der Musik kennengelernt. Ausschlaggebend für seine spätere Begeisterung, sich für eine Reform der Liturgie einzusetzen, waren aber seine Aufenthalte in Rom, Florenz und London.
Bild: Karl Kuhlo nach seiner Valdorfer Zeit
Hier lernte er die gregorianischen Weisen kennen – den einstimmigen, unbegleiteten und rhythmisch freischwebenden liturgischen lateinischen Gesang der römischen Kirche. Gleichzeitig erlebte er in den Werken Palestrinas (1525-1594) den Höhepunkt der Vokalpolyphonie, unter anderem mit den Kennzeichen Textverständlichkeit, Gesanglichkeit der Stimmen und Orientierung am menschlichen Atem.
Kuhlo gelangte hier zur Einsicht, dass die reine Vokalmusik die passendste Musik für gottesdienstliche Zwecke sei. Schon während seiner Valdorfer Zeit zeigte sich Kuhlos Vorliebe für die künstlerische Gestaltung von Gottesdiensten, sei es durch neue liturgische Elemente (z.B. Psalmen im Wechsel mit der Gemeinde) oder durch Kirchenlieder in ihrer ursprünglichen Form:
„So verstand es sich von selbst, daß er (=Kuhlo) der Liturgie eine ganz andere Bedeutung beimaß, als sie bis dahin im Bewußtsein der Gemeinde gehabt hatte… Zuerst mussten die Kinder heran. Sie, die ja schon die Freude am Klang mit auf die Welt bringen, lernten im Konfirmandenunterricht und Kinderlehre die alten Kirchenlieder auf neue Art sagen und singen, nicht mehr so langsam und schläfrig, daß man auf eine Zeile dreimal Atem holen mußte, sondern in dem frischen Zeitmaß, in dem diese Melodien einstmals als Volkslieder gesungen wurden. Sie lernten den Gottesdienst in seinem ganzen Aufbau erfassen und freuten sich, wenn’s nicht nur bei dem üblichen ‚Kyrieleis, Amen und Hallelujah‘ blieb, sondern die Psalmen im Wechselgesang der Gemeinde ins Ohr und ins Herz klangen. Und was ihnen erst fremd schien, das ist ihnen schließlich unentbehrlich geworden und ist’s geblieben bis auf den heutigen Tag…“
Bild: Kuhlo lebte in Valdorf von 1851 bis 1868. Die Zeichnung zeigt die Stätte seiner Wirksamkeit im Jahr 1874
Kuhlo sollte später in seiner Berliner Zeit ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten finden. Dazu zählen: Andachten, die nach altchristlicher Horenordnung singend und betend gestaltet wurden, eigene Bearbeitungen gregorianischer Weisen, die er sich aus Rom zukommen ließ und aufführte, Herausgabe von Liederbüchern, die dem a-cappella-Ideal verpflichtet waren und die Herausgabe eigener Weisen, die er in der ihm eigenen Bescheidenheit namenlos veröffentlichte.
Horen = Stundengebete; a-capella-Ideal = Solistische oder chorische Musik ohne (selbständige) Instrumentalbegleitung
Zu den Sammlungen, die Karl Kuhlo hinterließ, zählen: „Lauda Sion Salvatorem“ (mehrteiliges Liederbuch mit mehrstimmigen Tonsätzen nach eigenen Weisen), „Cantate Domino“ (Herausgabe einstimmiger Lieder) sowie „Rogate“ (Evangelisches Beichtbuch mit Gebeten und Liedern).
Anmerkung Redaktion: Der aus der Ravensberger Erweckungsbewegung bekannte „Posaunengeneral“ Johannes Kuhlo war ein Neffe des Valdorfer Pfarrers. Karl Kuhlo schrieb überdies verschiedene Melodien zu Kirchenliedern, das wohl bekannteste „Brich herein, süßer Schein“ von Marie Schmalenbach wird im Valdorfer Gottesdienst noch immer mit seiner Vertonung gesungen.