(aus: Z02 – gw-Splitter April 2012)
Text: Wilfried Sieber
Zwei immer noch existierende Schiffe, die auf der Werft Büsching & Rosemeyer gebaut wurden, stellt dieser Artikel vor. B & R wurde 1906 gegründet und stellte den Betrieb 1984 (in Vlotho) bzw. 1989 (in Minden) ein. Wenige hundert Meter stromaufwärts auf der gleichen Seite gab es die Schiffswerft Rasche. Hier wurden von 1879 bis 1987 Fracht- und Personenschiffe gebaut, im II. Weltkrieg Rüstungseinheiten.
Binnenschifffahrt: Fracht …
Die „Suche nach dem Täter“, auf die wir im letzten Jahr angesprochen wurden, war fast so spannend wie ein Krimi. Die Frage von Dr. Geiser aus dem Hause Peter Kölln KGaA lautete zusammengefasst: „Können Sie herausfinden, wer der Maler gewesen ist?“ und kam aus Elmshorn, jener Stadt in Norddeutschland, in die 1878 die Gemeinde Klostersande als Stadtteil überging. Es ging um das im ersten Bild gezeigte Objekt, ein Binnenfrachtschiff. Die MS Klostersande war das Flaggschiff einer Flotte, die seinerzeit auf der Werft Büsching & Rosemeyer gebaut wurde. Was lag da näher, als vor Ort nachzufragen, in diesem Falle einen Geschichtsverein in Vlotho.
Bild: um 1960 – MS Klostersande (Heimathafen Elmshorn) vor der Werft Büsching & Rosemeyer
Das Traditionsunternehmen Büsching & Rosemeyer war in der ehemals selbständigen Gemeinde Uffeln im Kreis Minden ansässig, die 1973 in der Stadt Vlotho aufging und damit auch in die Zugehörigkeit zum Kreis Herford wechselte. Die Firma wurde 1906 gegründet, als Vorgänger wird eine Werft Moritz Schrader erwähnt. Zu einer kurzen Notiz in Karl Löbes „Weserschiffer“ war noch nichts zu erfahren. Die Werft in Vlotho wurde 1984 geschlossen, Gebäude und Grundstück übernahm später die Schilderfabrik Sellmann. Doch zurück zur „Klostersande“. Im Hause Kölln interessiert Hausgeschichte, wie sie sich in Kunstwerken spiegelt. Zu ihnen gehört auch das Gemälde im Büro des Geschäftsführers und man suchte nach dem Namen des Künstlers.
Die MS Klostersande transportierte als größtes Schiff der Flotte Hafer vom Hamburger Hafen nach Elmshorn. Die zunehmende Verschlickung der durch die Stadt fließende Krückau zwang dazu, die Ladung größerer Schiffe weiter zu reduzieren. Der Transport wurde dadurch ständig unrentabler; mit der Klostersande als letztem Schiff wurde die Flotte endgültig aufgelöst.
Nach zwei Besitzerwechseln lag das ehemalige Wahrzeichen des Elmshorner Hafens in Hamburg, vermeldeten die Elmshorner Nachrichten im Februar 2012. Welche Zukunft sie vor sich hat, ist noch nicht entschieden. Es hieß, dass sie wieder als gewerbliches Transportschiff genutzt werden könnte. Es war auch angedacht, dem 1952 gegründeten „Harrys Hamburger Hafenbasar und Museum“ eine neue Heimat zu bieten. Schließlich kehrte die „Klostersande“ am 14. Mai 2013 aus eigener Kraft nach Elmshorn zurück und symbolisiert ein Stück der Hafen- und Industriegeschichte der Stadt an der Krückau.
Was den Namen des Malers angeht, schien die Lösung der Aufgabe immer unwahrscheinlicher. Wir zeigten auf der Wirtschaftsausstellung „V.I.T – Vlothoer Informationstage“ im Vlothoer Ortsteil Uffeln unseren Standbesuchern das Bild und grübelten gemeinsam über der Signatur. Vermutet wurde der 2008 verstorbene Professor Ferdinand Bierbaum. Aber die Signatur, die uns vergrößert zugesandt wurde, ließ keinen Rückschluss in dieser Hinsicht zu.
Eine weiterer Hinweis galt dem 2007 verstorbenen Alf Welski, der zu den bekanntesten heimischen Künstlern in unserer Zeit zählt und als Honorarprofessor an der Universität Bielefeld tätig war. Er und seine Gattin fertigten zwar auch Auftragsarbeiten; der Sohn konnte die Urheberschaft nicht bestätigen. Es gab auch einen Hinweis auf einen Künstler in Bad Oeynhausen, aber ohne Namensnennung, so dass es für eine weitere Suche keinen Anhaltspunkt gab.
Wir baten eine Redakteurin der VLOTHOER ZEITUNG, die Elmshorner und uns bei der Suche zu unterstützen, was dann zum Erfolg führte. Eine Leserin meinte, die Signatur als „Reinicke“ oder „Reneke“ zu erkennen, Recherchen in dieser Richtung blieben erfolglos. Bis sich im Februar 2012 der Vlothoer Gerd Kleine meldete: Der mittlerweile ebenfalls verstorbene Maler hieß Ernst August Reineke. Er war angeheiratetes Mitglied der Familie Büsching und hauptberuflich als Meteorologe in Schleswig, später in Neustadt an der Weinstraße tätig.
Binnenschifffahrt: … und Leute
Wer nach Berlin kommt und im Linienverkehr auf Havel, Spree oder Tegeler See ein eigenartig gestaltetes Wasserfahrzeug benutzt, weiß nur als eingesessener Vlothoer, dass 1972 dieses Schiff namens Moby Dick auch auf der Werft Büsching & Rosemeyer gebaut wurde.
Bild: 1972 – Das Binnen-Passagierschiff „Moby Dick“ ruht vor der endgültigen Fertigstellung auf der Weser
Bild: 2010 – Immer noch im Einsatz … in Berlin-Tegel an der Greenwichpromenade
Das heute von der Berliner Reederei „Stein und Kreisschiffahrt GmbH“ betriebene Passagierschiff ist bei einer Länge von etwa 49 Metern für 400 Passagiere zugelassen. Auf einer der Routen erreicht es auch das nahe gelegene Brandenburg. In seiner eigenartigen Form war es 1975 der Deutschen Bundespost Berlin eine eigene 70-DPf-Briefmarke wert. Geplant wurde in der Vlothoer Werft, der Rumpf jedoch durch Terminschwierigkeiten in Teilen von einem holländischen Unternehmen gebaut. Diese wurden in Vlotho zusammengesetzt, Innenausbau und Ausrüstung vervollständigten das originelle Verkehrsmittel, in dessen „Maul“ Passagiere ausreichend Platz finden.